… Es stimmt: Feuilleton lesen bildet. Es erweitert den Horizont und verweist auf Erkenntnisse, von denen man sonst nichts gehört hätte. Ab und zu haben die Artikel auch eine besondere Form von Humor – absichtlich oder unabsichtlich, vor allem dann, wenn der Autor eines Artikels besonders begeistert ist: von einem Denker, einem Künstler, einem Entdecker, einer historischen Gestalt.

Wie kürzlich, als von einem zeitgenössischen Denker die Rede war, der als grosser Stilist, geprägt von Klarheit und Ironie, bezeichnet wird. Und der nun über Religion, respektive Theologie ein Buch veröffentlicht hat. Und als Probe und Zitat dieser stilvollen Klarheit lesen wir:

Wie ist es möglich, «dass aus Schriften von evidentem Zitat- und Kompilationscharakter sowie von unverhohlen poetischem bildersprachlichem Gepräge, hervorgegangen aus der Einverleibung früherer Dichtung und aktualisiert in performativen Neuaufführungen älterer Liturgien, gesellschaftsformende, zivilisationsbestimmende, seelen-formbildende Absoluta entstehen konnten, denen es gelang, ihren poetischen, fiktionalen bzw. mythischen Charakter unsichtbar zu machen»?

Ist das stilvoll? Klar? Ironisch? Was um Himmels Willen soll denn das bedeuten? (Es geht tatsächlich um den Himmel in jener Schrift, genauer, um: «Den Himmel zum Sprechen bringen») Freilich, wir können uns einfühlen in solche Rede.
Aus jedem schwammigen oder nebulösen Satz kann noch irgendeinen Sinn erahnt werden, das gehört ja zu unseren Alltagsfähigkeiten, aus Unverständlichem einen Sinn zu erschliessen.

Und freilich, irgendwann hat sich jeder einmal die Frage gestellt, ob denn nun die Biblischen Geschichten wirklich Geschichten und nur Geschichten, also Mythen, sind oder ob sie historische Tatsachen oder im Gegenteil göttliche Offenbarung vermitteln. Wer auf diese Fragen Antworten sucht, der entdeckt, dass ganze Generationen von Religionshistorikern äusserst stilvolle und klare Untersuchungen angestellt haben.

Doch hier: Was sind denn – immer noch um Himmels Willen – «seelenformbildende Absoluta»? Welche Form hat denn Ihre oder meine Seele?

Dass Mythen, stetig wiederholte Geschichten unser Weltbild, unser Gesellschaftsbild, unser Familienbild prägen, dass unser Denken also nicht einfach ein rational wissenschaftliches Vorgehen ist, sondern sich auch immer wieder an alten oder vermeintlich alten Ideen, Bildern, Geschichten orientieren – das nun haben wir doch alle längst verstanden, und kann auch deutlich einfacher und damit stilvoller gesagt werden …