… Nachlass – Er war Künstler gewesen. Und das hiess, dass er sich eine gewisse Exaltiertheit hatte zulegen müssen, ein Markenzeichen, und das war seine Art eleganter Kleidung, die ihn mit alten Meistern verband. Diese hatten sich bekanntlich stets modisch porträtiert. Schinzenberger hatte sich aber von diesen auch wieder rechtzeitig abgesetzt, indem er sich einen gewissen informellen Malstil zu eigen gemacht hatte, auch er modisch und trotzdem zeitlos, wie er befand. Und früh hatte er sich eine Galerie geneigt gemacht, die bekannt und erfolgreich geworden und international vernetzt war. So gelang es Schinzenberger, sich als Maler, als Kunstmaler einen Namen machen, ja es gelang ihm sogar, von seiner Kunst zu leben.
Er war eine bekannte Grösse geworden, seine Ausstellungen wurden in den Medien erwähnt und gerühmt, die Kritiken lobten seine Beständigkeit, die aber nie in Erstarrung mündete, sondern doch einen langsamen Wandel und Reifungsprozess ermöglichte. Schinzenberger lebte für seine Kunst.

Er war ein fleissiger Künstler – der aber auch Pausen einlegen konnte, bewusste schöpferische Pausen, in denen er herumzog, einem eher unsteten Leben frönte, das Mass im Essen und Trinken bewusst ausreizte, ja überschritt, und sich mit Frauen einliess, die auf ein grosszügiges Verwöhntwerden Wert legten und sich rasch wieder von ihm abwandten, was ihm durchaus gelegen kam. In seinen schöpferischen Phasen blieb er nüchtern, beinahe asketisch, doch zeigte dafür seine Malerei mit dem opulenten Bildformat, den kräftigen Farben und den verwegenen, doch bewusst gesetzten Pinsel- und Spachtelschwüngen eine von weitem wahrnehmbare Grandezza, die womöglich Grund für seinen Erfolg und seine Beliebtheit bei den kaufkräftigen Sammlern war.

So interessierten sich auch öffentliche Stellen für seine Arbeiten, und es gelang ihm, zu Ausstellungen im musealen Raum eingeladen zu werden; Schinzenberger zeigte Aktuelles oder Retrospektiven und wurde eine über die Landesgrenzen hinaus bekannte Kunstgrösse.

Doch er kam in die Jahre, Gebresten zeigten sich, und auch für ihn war das Altwerden keineswegs eine leichte Angelegenheit. Und rascher, als er es sich versehen konnte, war es so weit. Er wurde aus dem irdischen Leben abberufen. Doch Schinzenberger, der in lockeren Stunden immer wieder die Mitmenschen belächelt hatte, die an die Unsterblichkeit und an ein Leben nach dem Tode, ja an ein Leben in himmlischem Glück glaubten, an eine irgendwie geartete Erlösung von Übel und Tod, ausgerechnet Schinzenberger wurde für ein solches himmlisches Leben ausgesucht.
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