… Meine Liebste meinte beim Morgengrauenblick zum Fenster hinaus, es sei nur ein unscheinbarer Wagen.

Diese achtlose Bemerkung zeugt allerdings lediglich von ihrem Desinteresse an Kraftfahrzeugen, denn erstens sind heutzutage nicht nur frühmorgens alle Autos wie Katzen grau und unscheinbar, sondern auch tagsüber – farbige Wagen sind entweder längst verboten oder gelten wohl ganz einfach als ordinär. Und zweitens macht sich die Grossartigkeit und Raffinesse der modernen Automobiltechnik eben auf ganz andere Weise bemerkbar, in unserem Falle im höchst bemerkenswerten Klang des Motors, an dem zweifellos grosse Teams von Akustikexperten gefeilt haben. Beim Starten gemahnt der nachbarliche Wagen an das Brummen eines erwachenden Bären, der schlecht geträumt hat und sich darum grundlos bedroht fühlt, bald aber nähert sich der Ton einem röhrenden Hirsch, bevor er, wenn sich der Wagen vom Randstein löst, vollends in das Brüllen einer Territorium und Brut verteidigenden Raubkatze übergeht.

Dem Himmel sei Dank, wohnen wir urban – ausser Füchsen und Mardern gibt es bei uns kein Grosswild –, so dass wir gleich beim ersten Hören an die nachbarliche Neubeschaffung eines Automobils dachten und uns damit recht angstfrei aus dem Bett wälzen konnten – und weiterhin können, denn überaus froh sind wir, dass das zeitgeregelte Knattern, Surren und Grollen praktisch synchron mit dem naiven Summen unseres in die Jahre gekommenen Weckers vor sich geht, dessen akustische Schäbigkeit uns schon längst genervt hat. Nun konnten wir diesen ohne Schaden unters Bett verbannen.

Einen gewissen Neid meinerseits muss ich schamvoll zugeben. Ich beneide ihn, den stolzen Fahrer. Nicht um seinen neuen, nur scheinbar unscheinbaren Wagen – den gönne ich ihm gern. Ich beneide ihn um sein untrügliches Gehör und seinen musikalischen Verstand, mit dem er unter den Tausenden von neuen Automobilen genau dasjenige gefunden und ausgesucht hat, das in seiner differenzierten Fülle des Klanges alle seine Konkurrenten weit aus dem Felde schlägt.